2017•175 - T E X T:
die wahnsinnige Lächerlichkeit auf dem
Sofa aus der Balance glitt.
Ihr Hauptgegner im Wortgefecht der
Trivialitäten ist Abhijeet Weimer als General
Gert, der die Menschenrechte den
Feinden einbomben will. Weimer hatte in
seiner Abitur-Vorbereitung viel Text zu
lernen, spielte seine Rolle dennoch ausgefeilt
und markant. Er, der seine Würde
auf einem Podest am besten findet, war
stolz auf seine humanitäre Hilfeleistung,
zwei Klo-Häuschen im Krieg eingeweiht
zu haben. Bramarbasierend belehrte er
die Talkrunde und auch das Publikum
und vertraute auf seine vermeintlich intellektuelle
und erotische Macht.
Die zwei Schönheitsköniginnen, die in
Tschundakar eine Bikiniparade abgehalten
hatten, beachteten seine peinliche
„Aufreizungserhöhung“ nicht. Merle Hewing
spielte Ruth, die aus dem Wettbewerb
zwar ausschied, aber dem General
Paroli im Palaver bot. „So ist eben die
Welt“, und das machte sie frei von den
hehren Forderungen nach Menschenrechten.
Anders Top-Model Heidrun, von
Elisabeth Richter überzeugend gespielt,
kess und gelangweilt, die mit ihrer Bikini-
Show die Freizügigkeit als Freiheit der
Menschenrechte meinte und mit Ruth im
dauernden Zickenkrieg war.
Das Gegenbild der plappermäuligen
Schönheiten ist Rose, die traumatisierte
Soldatin mit Kriegserfahrung, von Tessa
Kampel in ihrer stillen Zurückhaltung als
einzig ehrliche Figur in dieser grotesken
Farce verkörpert. Meist sitzend am Rande
der Couchgarnitur, war sie dennoch in
der Mitte des thematischen Geschehens.
Ihr hat die Autorin eine authentische
Sprache gegeben, keinen Zickenzank und
keinen Kriegskonflikt, kein Großmannsgefecht
und kein Wortgewusel.
Skurril blieb sie dennoch: Ein Ohr zeigte
sie der Talkrunde als „Reliquie“, aber
über diesen Sinn zwischen Heiligkeit und
Hörigkeit diskutierte man nicht.
Die letzte Figur war Herr Fahnenberg,
als Roses Vater agierte Jannes Damer.
Sein grandioser Auftritt war das Anlegen
einer Burka durch die Moderatorin.
Burka traf hier auf Bikini, Freiheit auf
Freizügigkeit, Empfindung der Stille auf
lautes Gelaber. Höhepunkt im Spiel eines
„Verzweiflungstheaters“, das hinter Argumenten
Phrasen zeigt und hinter Masken
kein Gesicht. Ingmar Winter
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