2010•025 - T E X T:
die vor neun Jahren an das Dionysianum
in meine Klasse 5 kamen, das ist etwas
ganz Besonderes. Sie mussten das Abitur
eigentlich so nebenbei machen. Und beide
haben Erfahrungen machen müssen,
die für die meisten von uns noch weit
weg sind. Die eine hat sich extra für die
mündliche Abiturprüfung aus dem Krankenhaus
entlassen. Die andere ist in der
Klasse 10 zum Kopernikusgymnasium
gewechselt und jetzt hat dort ihre Abiturprüfung
mit Erfolg abgelegt: Pia Gregor
und Janna Kollan. Ihnen gilt mein besonderer
Respekt. Herzlichen Glückwunsch!
Drittens: Zu meinem Rollenkonflikt. Auch
das Thema möchte ich kurz fassen.
3a. Als Lehrer muss ich den Lehrern im
Namen der Eltern danken. Eine nicht
ganz ... einfache Aufgabe, die Ihr Abiturienten
mir gestellt habt. Ich werde es tun:
Liebe Lehrerinnen und Lehrer! Liebe
Kolleginnen und Kollegen!
Es muss einmal gesagt werden, wie
schwer es ist, den vielfältigen und zum
Teil sich widersprechenden Erwartungen
und den sich permanent steigernden
Ansprüchen, die der Alltag in der Schule
uns stellt, gerecht zu werden, und das
angesichts eines auch im Sommer fleißigen
Kultusapparates, der die Lehrer immer
wieder mit seinen überhitzten Konzepten
ins Schwitzen bringt. Und gegen
dieses Trotzdem zeigen die Ergebnisse
des heutigen Tages mit 89 glücklichen
Abiturientinnen und Abiturienten und
ihren stolzen Müttern und Vätern den
Erfolg Eurer neunjährigen Bemühungen,
die Schülerinnen und Schüler zum Abitur
zu führen, weswegen wir uns hier heute
versammelt haben, um dies zu feiern.
Ein herzliches Dankeschön an die Lehrerinnen
und Lehrer, die Schulleitung, das
Sekretariat und Herrn Salm!
Die andere Seite des Rollenkonfliktes
muss ich aber auch noch ansprechen:
3b. Über die Rolle der Lehrerkinder ist
bei einer Abiturfeier überhaupt noch
nicht gesprochen worden.
Einmal sah ich, wie der kleine Martin
Huesmann zwischen zwei Stunden mit
seinen Klassenkameraden an einer offen
stehenden Klassentür vorbeiging. Er ging
vorbei, sah seinen Vater, er ging zurück
und rief: „Hallo Papa!“ Das war souverän,
aber auch offensiv.
Lehrerkinder müssen damit umgehen,
Lehrerkinder zu sein. Lehrerkinder haben
den Frust der Mitschüler auszubaden,
wenn es den Vater treffen soll.
Sie müssen die Beschuldigung einer
vermeintlichen Bevorzugung ertragen,
wenn Mitschüler sich ungerecht behandelt
fühlen. Lehrerkinder müssen sich
nicht nur wie alle anderen Kinder von
einem Vater emanzipieren, sondern auch
von einem Vater, der Lehrer ist.
Viertens und letztens: Von meiner Abiturrede
erwartet Ihr, dass ich noch etwas
Bedeutendes sage, etwas, das ich Euch
mit auf den Weg geben kann:
Das ist gar nicht so einfach. Schließlich
soll das Verfallsdatum ja nicht so schnell
ablaufen. Haltbar bis ... ja möglichst ein
Leben lang. Und möglichst noch darüber
hinaus. Und dann muss es auch noch
passen und richtig sein. Hinterher hat es
nicht gepasst und ihr beschwert Euch bei
mir, dass es nicht geklappt hat.
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